Individualplanung
Wie will ich leben?
Wir wollen aufzeigen, dass dieses Gerücht für unsere heutige Zeit nicht mehr passend ist.
Fällt die Entscheidung, ein Reihenhaus/freistehendes Haus/Doppelhaus/Mehrfamilienhaus zu bauen, sollte sich jeder Bauwillige folgende Fragen bzw. Schwerpunkte beantworten.
- Wie will ich leben in diesem Gebäude?
- Will ich während der Planungs- und Bauzeit flexibel sein oder nicht?
- Will ich während der Bauausführung eine Mitbestimmung?
- Spielt die Bauzeit eine wichtige Rolle?
- Brauche ich einen Festpreis oder reicht mir eine vertragliche Baukostenobergrenze?
- Wie wichtig ist der Wärmeschutz z.B. für eine Förderung durch den Staat?
- Spielt für mich der Qualitätsstandard eine Rolle einschl. die späteren Gewährleistungsrechte?
- Will ich während der Bauausführung eine unabhängige Bauberatung und Baukontrolle?
- Wie will ich mit Baumängeln umgehen?
- Brauche ich einen Keller?
- Wie will ich eigentlich leben und möchte ich mein Leben wegen einem vorgegebenen Gebäudegrundriss ändern?
Für welchen Weg man sich zur Realisierung der Baumaßnahme entscheidend, ob Typenhaus durch einen Bauträger oder einer Individualplanung mit einzelnen Baufirmen im freien Wettbewerb, ist eine Frage der persönlichen Einstellung.
Wir möchten die Vorteile einer Individualplanung durch Architekten/Ingenieure aufzeigen, welche in der Regel zu kostengünstigeren Gebäuden führt.
Ausgehend von der Landesbauordnung braucht jedes Gebäude eine Bauplanung und eine Baustatik. Entsprechende Planungen und Berechnungen sind bei den Bauämter einzureichen.
Ein Gerücht ist auch, dass nur Architekten Bauplanungen einschl. Bauanträge einreichen dürfen. Ausgehend von der Landesbauordnung dürfen auch alle Ingenieure, welche eine Bauvorlageberechtigung der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz haben und dort in der entsprechenden Liste geführt werden, Bauanträge erstellen.
Ein weiteres Gerücht ist auch, dass Architekten auch statische Berechnungen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erstellen dürfen. In § 66 LBauO RLP wird aufgeführt, dass Personen, welche Standsicherheitsnachweise (Statik) aufstellen, ihre Sachkunde nachweisen müssen und in einer entsprechenden Liste bei der Ingenieurkammer RLP geführt werden.
Bei einem Bauträger arbeitet der Architekt/Ingenieur in einem Vertragsverhältnis zum Bauträger (Beachte: nicht im Vertragsverhältnis zum Bauwilligen/Bauherr). Entsprechend den Vorgaben des Bauträgers werden die Baupläne und statischen Berechnungen angefertigt. Der Bauträger bezahlt die Planungsleistungen und kalkuliert diese Baukosten in seinem Pauschalhauspreis ein.
Bei der Individualplanung ist der Bauherr/Bauwillige der direkte Auftraggeber für die Gebäudeplanung einschl. statischen Berechnungen. Dabei hilft die Rechtsprechung im s.g. "Architektenrecht" den Bauwilligen, weil er dem Gebäudeplaner den Stand eines Erfüllungsgehilfen gibt. Dem Gebäudeplaner trifft also eine umfassende Hinweis - und Beratungspflicht gegenüber seinem Bauherrn, sei es Primär- oder Sekundärpflichten. Gleichzeitig greift die gesamtschuldnerische Haftung bei Sachmängeln. Schon aus diesem Grund müssen alle Gebäudeplaner aber auch Statiker eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Ein sehr großer Vorteil, wenn man bedenkt, wie schnell so manche Bauträgergesellschaft als GmbH in Insolvenz gehen kann.
Fazit für den Bauwilligen/Bauherrn:
Frage nach der Bauvorlageberechtigung des Gebäudeplaners
Frage nach der Listenführung für den Statiker
Frage nach der Berufshaftpflichtversicherung
Ein weiterer Vorteil bei der Individualplanung ist die Flexibilität in der Planungs - und Ausschreibungsphase. Änderungen sind jederzeit kostenneutral möglich. Alle Gewerke werden im Wettbewerb ausgeschrieben. Die Bauüberwachung einschl. Koordination und Bauausführungskontrolle erfolgt durch den eigenen Gebäudeplaner.
Entscheidet sich der Bauherr kurzfristig zu Eigenleistungen, so ist dieser Sachverhalt ohne Probleme möglich. Der Bauherr teilt seine Entscheidung zu Eigenleistungen vor Ausschreibungsbeginn des Gewerkes seinem Gebäudeplaner einfach mit.
Weiter möchten wir mit einem Gerücht aufräumen, der Bauleiter des Bauträgers würde die Baumängel im Sinne des Bauwilligen/Bauherrn erkennen und abstellen. Bei unserer Tätigkeit als Baubegleiter und Sachverständige haben wir oft das Gegenteil feststellen müssen. Es mag auch gute Beispiele geben, wir haben jedoch im Rahmen unserer 25 Jahre dauernden Tätigkeit nur sehr wenige gute Beispiele angetroffen. Jeder Bauherr sollte bedenken, dass vor einer Abnahme eines Bauvorhabens der Auftragnehmer beweisen muss, dass seine Leistung mangelfrei ist. Nach Abnahme obliegt die Beweislast dem Auftraggeber. Mängel im Nachhinein zu beweisen ist oft nicht einfach und kostenintensiv. Hier liegt der Vorteil bei der Individualplanung. Der Gebäudeplaner ist verpflichtet, nach den anerkannten Regeln der Technik und den vertraglichen Beschaffenheitsmerkmalen zu planen und ausführen zu lassen.
Welche Probleme auftreten können, kann man diesem Beitrag entnehmen (hier)
Bleibt die Frage nach dem Festpreis beim Bauträger. Welche Probleme dabei auftreten können, kann man den Beiträgen von www.zuhause.de entnehmen (hier) oder (hier) oder (hier).
Mit unseren über 25-jährigen Berufserfahrungen können wir uns diesen dargestellten Sachverhalten anschließen.
Natürlich kennen wir aus unserer Sachverständigentätigkeit auch Beispiele, wo Architekten/Ingenieure bei einer Individualplanung wiederholt die veranschlagten Baukosten nicht eingehalten haben und weit über das veranschlagte Ziel geschossen sind. Oftmals liegt der Schwerpunkt solcher Architekten/Ingenieure mehr auf den brillianten architektonischen Entwurf als auf eine richtige Kostenberechnung im Zeitpunkt der Entwurfsplanung.
Bei der Individualplanung kann ein Kostenlimlit/Baukostenobergrenze vertraglich mit dem Gebäudeplaner vereinbart werden. Bereits in der Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) muss der Gebäudeplaner eine verbindliche Kostenberechnung vorlegen. Hier tritt der Gebäudeplaner in die Haftung bezüglich der Baukosten ein.
Die Vorteile einer Individualplanung kann man auch diesem Beitrag entnehmen. (hier)
Welche Leistung ein Gebäudeplaner, sei es ein Architekt oder ein Ingenieur, in den jeweiligen Leistungsphasen erbringen muss einschl. der Vergütung, ist in der HOAI geregelt.
Diese Gebührenordnung kann öffentlich im Internet eingesehen werden.
Fazit für den Bauwilligen/Bauherrn
vertragliche Vereinbarung einer Baukostenobergrenze
Im Internet kann sich jeder Bauherr zu den statistischen Baukosten informieren und selber vergleichen. Gute Anhaltspunkte liefert diverse Internetportale mit einer Vielzahl von Einstellungen/Möglichkeiten auch für den Baulaien.
Gesamtbetrachtung:
Die Individualplanung durch einen Gebäudeplaner und Statiker bringt hinsichtlich einer Flexibilität, Ausführungssicherheit und dem Gewährleistungsrecht viele Vorteile.
Wer sich aber um nichts kümmern und sehr schnell bauen will, ist bei einer Typenhausausführung richtiger.
Es sei denn, dass man ein bereits realisiertes Bauvorhaben der Gebäudeplaner wählt und dadurch die Vorteile eines realisierten Gebäudes mit einigen möglichen Veränderungen und einer Individualplanung geniesst. Auch dies scheint eine mögliche Variante zu sein und sollte überdacht werden.
Grundsätzlich sollten aber die o.g. Hinweise beachtet werden, um eine freudige und stressfreie Baurealisierung zu erleben.
Ausgehend von unseren Erfahrungen sollte sich jeder Bauwillige/Bauinteressent ausgiebig und unabhängig beraten lassen. Wir bieten solche Beratungen an.
Wir erstellen Ihnen gerne auch eine Individualplanung nach Ihren Wünschen und Vorstellungen.
Der Verfasser besitzt die Bauvorlageberechtigung und ist auch listengeführter Statiker bei der Ingenieurkammer RLP (siehe auch hier)
(Anmerkung: Die Ausführungen sind die persönlichen Ansichten des Verfassers und stellt keine bautechnische und baurechtliche Beratung im Einzelfall dar)