Baumängel Gesamtschuldner

B + B  Planungsbüro
Dipl. Ing. Uwe Besecke LL.M
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listengeführter Tragwerksplaner und Bauvorlageberechtigter Ing. Kammer RLP
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Baumängel Gesamtschuldner

Bauplanung, Baustatik, Bauherrenberater, Baumängel, Schulungen, Gutachten
Veröffentlicht von Besecke in Werkvertrag · 24 März 2020
Bestehen von Schuldverhältnisses beim Sachmangel
 
Treten Sachmängel an einer Werkvertragsleistung auf, stellt sich die Frage nach der Verantwortung und wer die Mängelbeseitigungskosten tragen muss. Gerade dann, wenn neben der Baufirma mehrere Planer an der Baumaßnahme als Auftragnehmer beteiligt sind und jeder jeden die Schuld zuweisen will.
 
Wenn ein Schaden/Mangel aufgetreten ist, dann sagt unsere Berufserfahrung, dass alle Beteiligten mit den Finger erst einmal auf den Anderen zeigen. Wer gibt schon selber zu, dass die Ursachen bei einem selber liegen. Gleichzeitig geht es natürlich auch um die Bezahlung der Rechnung durch den Auftraggeber.
 
Welches Schuldverhältnis besteht nun objektiv zwischen Auftraggeber, planenden und bauüberwachenden Architekten, Tragwerksplaner, Fachingenieur und Bauunternehmen hinsichtlich eines Sachmangels?
Wo tragen vielleicht mehrere Auftragnehmer eine Gesamtschuld?
Welches Schuldverhältnis könnte auf den Auftraggeber zu treffen im Verhältnis zu den anderen Auftragnehmern?
 
Grundsätzlich schuldet der Bauunternehmer die mangelfreie Errichtung des geschuldeten Werkerfolgs/Bauwerk einschl. der Funktion für den gewöhnlichen Gebrauch und der Üblichkeit (§ 633 BGB).
Die Frage ist, ob mehrere Auftragnehmer zur mangelfreien Errichtung des Bauwerks verantwortlich sind und ob dem Auftraggeber ein Mitverschulden in einem Schadensfall treffen kann.
 
Wie schätzt die Rechtsprechung den Sachverhalt ein.
 
Ein Gesamtschuldverhältnis wird angenommen, wenn die Verpflichtungen der jeweiligen Schuldner nach der maßgeblichen Interessenlage des Gläubigers grundsätzlich inhaltsgleich sind. Dies ist in der Regel dann anzunehmen, wenn die Schuld demselben Zweck dient, wenn also jeder Schuldner auf seine Art für die Beseitigung desselben Schadens einzustehen hat, den der Auftraggeber dadurch erleidet, dass jeder von beiden seine vertraglich geschuldeten Pflichten mangelhaft erfüllt hat.
 
Für die zu fordernde rechtliche Zweckgemeinschaft genügt insoweit, dass jeder auf seine Art für denselben Mangel und bzgl. der Beseitigung desselben Schadens haftet.
 
Zwischen dem bauausführenden Auftragnehmer und dem bauüberwachenden Architekten im Hinblick auf dessen Bauleitungs- und Überwachungspflichten besteht das Gesamtschuldverhältnis vollumfänglich, wenn der Architekt seine Aufsichtspflicht und der Unternehmer seine Herstellungspflicht mit der Folge der Entstehung eines Werkmangels verletzt.
 
Im Verhältnis zwischen bauausführendem Unternehmer und planendem Architekten ist, da sich der Auftraggeber das Planungsverschulden des Architekten gegenüber dem Unternehmer in der Regel gemäß § 278 BGB bereits im Außenverhältnis anrechnen lassen muss, dass der Haftungsanteil des Unternehmers um diese Quote von vornherein verkürzt ist.
 
Ein schuldhaftes Verhalten des mit der Planung beauftragten Architekten dem Auftraggeber gemäß § 278 BGB zuzurechnen, wenn dieser im Laufe der Bauausführung fehlerhafte Anordnungen erteilt, aufgrund derer von der ursprünglichen Planung abgewichen werden soll. Einer solchen Anordnung steht es gleich, wenn der Architekt zwar nicht einseitig eine Planungsänderung vorgibt, eine solche jedoch auf sein Betreiben hin einvernehmlich zwischen Besteller und Unternehmer vereinbart wird und der Architekt hinsichtlich dieser Änderung die Planungsverantwortung übernimmt.
 
Zum besseren Verständnis ein Baustellenbeispiel aus dem Stahlbetonbau, was häufig im Statikbereich anzutreffen ist.
Der Bauherr beauftragte ein Bauunternehmen mit der Herstellung von Stahlbetondecken. Gleichzeitig beauftragt der Bauherr einen Architekten mit der Objektplanung und einen Tragwerksplaner mit den statischen Berechnungen.
 
Nach der Betonage und der Aushärtung der Stahlbetondecken zeigen sich netzförmige Schwindrisse an der Deckenoberseite. Ursache war, dass die Betondeckung von 3,5 cm auf über 6,0 cm erhöht wurde.
Wer trägt die Mängelbeseitigungs-/Sanierungskosten?
 
  • Entgegen der ursprünglichen Planung der Tragwerksplaner wurden keine Ortbetondecken hergestellt sondern s.g. Filigrandecken (Elementdecken mit Ortbetonergänzung). Die Planung der Filigrandecken oblag dem Bauunternehmen, welcher zu geringe Gitterträger gewählt hatte. Die Gitterträger waren zu niedrig, sodass die zu große Betondeckung von über 6,0 cm entstand.
    Damit dürfte das Verschulden bei dem Bauunternehmer liegen?
  • Allerdings hatte das Filigranbetonwerk seine Planung an die Tragwerksplaner zur Prüfung und Freigabe geschickt. Einwendungen oder Änderungen wurden seitens der Tragwerksplaner nicht geltend gemacht. Er hätte erkennen können, dass zu geringe Gitterträger verwendet werden und dies entsprechend auch vermerken müssen.
  • Die letzte planerische Verantwortung lag somit beim, vom Bauherrn beauftragten, Tragwerksplaner, welcher ein Mitverschulden trifft. Die gerichtliche Entscheidung hatte eine Quote von 30% belegt.
  • Für die Mängelbeseitigungskosten wegen der zu hohen Betondeckung ist aber das beauftragte Bauunternehmen zu 70% verantwortlich.
o   Das Bauunternehmen hatte die planerische Vorgabe von einer Betondeckung von 3,5 cm zu beachten. Eine Hinweispflicht, dass diese nicht eingehalten werden kann, wurde nicht ausgeübt.
o   Nach den anerkannten Regeln der Technik darf ein Rohbauunternehmen nicht eine beliebige Betondeckung ausführen.
o   Der Unternehmer, der Stahlbetonarbeiten ausführt, hat üblicherweise beim Einbau der Bewehrung, spätestens vor dem Betonieren, zu überprüfen, ob die richtige Betondeckung erzielt wird.
o   Der Bauunternehmer kann sich nicht darauf berufen, dass ein Tragwerksplaner die Bewehrung abgenommen hat. Der Tragwerksplaner hat regelmäßig bei der Bewehrungsabnahme nicht zu prüfen, wie hoch betoniert wird.
o   Der Bauunternehmer kann sich auch nicht darauf berufen, dass die örtliche Bauüberwachung hätte erkennen müssen, dass bei der Betonage der Decke eine zu hohe obere Betondeckung entsteht. Es besteht keine Pflicht zur Bauüberwachung im Verhältnis zum Bauunternehmer. Der Bauunternehmer hat alles zu veranlassen, dass ein mangelfreier Werkerfolg nach den anerkannten Regeln der Technik entsteht.

„Die Gewichtung der Haftungs- und Verantwortungsanteile hat individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls zu erfolgen. Es gibt keinen Grundsatz, dass ein Ausführungsverschulden des Handwerkers das Überwachungsverschulden des Architekten immer überwiegt oder dass ein Planungsmangel immer ein größeres Gewicht hat als ein Ausführungsmangel. Bei der Gewichtung und Bewertung der Haftungsanteile der Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die unstreitig oder nachgewiesenermaßen ursächlich für den eingetretenen Mangel bzw. Schaden geworden sind.“ (Leitsatz des OLG Stuttgart v. 30.9.2019)
 
Fazit:
Eine Prüfung über ein Schuldverhältnis kann nur unter den Bedingungen im Einzelfall erfolgen. Dabei können Gesamtschuldverhältnisse bestehen, wenn mehrere Auftragnehmer für den geschuldeten Werkerfolg direkt und objektiv verantwortlich sind.
Ein Auftraggeber muss sich ein Planungsverschulden seines planenden Architekten im Verhältnis zum Bauunternehmer anrechnen lassen soweit der Bauunternehmer den Schaden nicht erkennen konnte bzw. den Auftraggeber nicht darauf hingewiesen hat.
Die Pflicht zur Bauaufsicht des Architekten besteht nur im Verhältnis zum Bauherrn. Der Bauunternehmer kann vom Bauherrn oder vom Architekten nicht verlangen, dass dieser ihn bei den Ausführungen der Arbeiten überwachen lässt, so u.a. das Thüringer OLG in einer Entscheidung.

(Anm.: Die Ausführungen sind die persönlichen Ansichten des Verfassers und stellen keine fachtechnische oder rechtliche Beratung im Einzelfall dar)


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